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28.11.2025

Betriebsratsmitglieder begünstigt: Geschäftsführer durfte gefeuert werden

In einem Betrieb fallen Unregelmäßigkeiten in der Geschäftsführung auf. So scheinen Mitglieder des Betriebsrats ohne sachlichen Grund hochgruppiert worden zu sein. Daraufhin wird ein Geschäftsführer fristlos entlassen, obwohl er nicht für das Personalwesen zuständig war. Das Oberlandesgericht (OLG) hält das für rechtens. Denn der Mann habe zumindest seine Kontrollpflichten nicht erfüllt.

Die Stadt Wiesbaden betreibt den öffentlichen Nahverkehr in ihrem Gebiet. Sie entließ einen der Geschäftsführer des städtischen Verkehrsbetriebs, nachdem sich herausgestellt hatte, dass Betriebsratsmitglieder grundlos höhergruppiert worden waren.

Der entlassene Geschäftsführer klagte. Einmal wollte er noch Tantiemen für das vergangene Jahr haben und außerdem seinen Lohn noch bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist bekommen. Die Klage war nur in Bezug auf die Tantiemen erfolgreich, zudem wurde auf die Widerklage der Stadt festgestellt, dass die außerordentliche Kündigung wirksam ist.

Für die Kündigung liege ein wichtiger Grund vor. Die Stadt habe mehrere arbeitsgerichtliche Urteile vorgelegt, die substantiierten Vortrag zur Unzulässigkeit einzelner Höhergruppierungen enthielten. Der Geschäftsführer habe diese nicht hinreichend entkräftet. Dies wäre ihm aufgrund seiner vormaligen Sachnähe als früherer Geschäftsführer möglich und zumutbar gewesen. Zwar sei er für das Personalwesen nicht zuständig gewesen. Gleichwohl sei er anlassbezogen zur Kontrolle und Überwachung des ressortzuständigen Mitgeschäftsführers verpflichtet gewesen. Er habe die Höhergruppierungen unterzeichnet und sei in die den einzelnen Vergütungsentscheidungen vorausgegangene Kommunikation zwischen Personalabteilung und Geschäftsführer eingebunden gewesen. Damit habe begründeter Anlass bestanden, die Gehaltsentwicklungen der Betriebsratsmitglieder zu hinterfragen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um zu gewährleisten, dass Entscheidungen der Geschäftsführung dem Legalitätsprinzip entsprechen.

Dass der Geschäftsführer trotz seiner Pflichtverletzungen seinen Anspruch auf Tantiemen verfolgt habe, erachtet das OLG als zulässig. Insbesondere sei das nicht treuwidrig. Die Verletzung eigener Pflichten des Geschäftsführers könne grundsätzlich nur Gegenansprüche der Stadt auslösen, hindere den Gekündigten aber nicht, eigene Ansprüche geltend zu machen. "Allenfalls in besonders krass liegenden Fällen, in denen sich der Dienstpflichtige gegenüber dem anderen Teil grob unanständig verhalten habe, kann es gerechtfertigt sein, dem Vergütungsanspruch den Arglisteinwand entgegenzuhalten", führt das OLG näher aus. Diese Voraussetzungen lägen im Streitfall nicht vor.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde können beide Parteien die Zulassung der Revision beim Bundesgerichtshof begehren.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 20.11.2025, 5 U 15/24, nicht rechtskräftig